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Gerichtsankündigung und Liebesforderung: Lk 6.24–6 Und 27 Innerhalb Der Botschaft des Frühen Christentums1

Published online by Cambridge University Press:  05 February 2009

Hans Klein
Affiliation:
(str. Gen. Magheru 4, RO-2400 Sibiu, R.S. Romania)

Extract

Ulrich Luz schreibt in seinem kleinen, sehr anregenden Büchlein, Matthew in History: Interpretation, Influence and Effects: ‘Even Matthew himself seems to have completely forgotten what he had written in the Sermon of the Mount when he was writing his twenty-third chapter, with the harsh and unjust woes agains Pharisees and Scribes.’ Eines der hier angerissenen Probleme ist viel ausgeprägter in Lk 6 feststellbar, wo dem Gebot der Feindesliebe unmittelbar die Wehesprüche gegen die Reichen vorangestellt sind. Es begegnet aber schon in der Logienquelle und bei Paulus. Wie ist das Verhältnis dieser beiden Aussagen zu einander zu sehen? Das ist die Frage, der wir im folgenden nachgehen wollen

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References

2 Luz, U., Matthew in History: Interpretation, Influence and Effects (Minneapolis: Fortress, 1994)33.Google Scholar

3 Der Kontrast von Mt 23 zu Mt 5 beschränkt sich allerdings nicht auf den Gegensatz Feindesliebe-Gerichtsrede, sondern betrifft auch den Gebrauch des Schimpfwortes ‘Tor’, wie auf die Beschimpfungen überhaupt (Mt 5.21–2). Mt hat wahrscheinlich in diesem Text die Beschimpfung des ‘christlichen’ Bruders untersagt gesehen und darum gemeint, daβ Mt 5 Kap 23 nicht widerspreche. Aber auch zwischen dem Eidverbot in Mt 5.33–7 und den Wehesprüchen den Eid betreffend 23.16–22 besteht ein groβer Unterschied.

4 Wie sich zeigen wird, ist freilich der Vermerk von Schulz, S., Q: Die Spruchquelle der Euangelisten (Zürich: Theologischer, 1972) 133Google Scholar: ‘Eine Spannung oder gar ein Gegensatz zu den Weherufen gegen die Pharisäer aber darf man in diesen prophetisch-enthusiastischen Aufforderungen nicht sehen’, etwas verkürzend.

5 Anders Schürmann, H., Das Lukasevangelium (HThK 3/1; 4. Aufl. Freiburg/Basel/Wien: Herder, 1990) 337–8Google Scholar, der meint, Mt habe die vorluk. Weherufe gekannt.

6 Mit Zeller, D., Kommentar zur Logienquelle (SKK 21; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1984) 30Google Scholar rechne ich damit, daβ ‘auf die Seligpreisungen der Geschmähten … passend die Reihe der Anweisungen (folgt) … in denen es meist um die Bewährung in einer feindlichen Umwelt geht’, dalβ also das Gebot der Feindesliebe als Erläuterung zur letzten Seligpreisung (Lk 6.22–3 par.) gesehen war, die jene pries, die sich miβhandeln lieβen.

7 Lk 11.53 tauchen unerwartet ‘Schriftgelehrte’ auf, die bei Mt die Szene bestimmen. Möglicherweise hat Lk die ‘Schriftgelehrten’ als Adressaten der drei letzteren Wehesprüche durch ‘Gesetzelehrer’ ersetzt.

8 Ich rechne fernerhin, daβ Lk 6.20–49 mit dem übrigen Teil der Logienquelle vor Mt und Lk eine Einheit bildeten. Betz, H. D., Studien zur Bergpredigt (Tübingen: Mohr, 1985)Google Scholar, hat sich zwar um den Nachweis bemüht, daβ die Bergpredigt in ihrer jetzigen Form auf Mt zugekommen ist und Bergemann, Th., Q auf dem Prüfstand: Die Zuordnung des Mt I Lk-Stoffes zu Q am Beispiel der Bergpredigt (FRLANT 158; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993)CrossRefGoogle Scholar, hat zu zeigen versucht, daβ die Übereinstimmung zwischen der Bergpredigt und der Feldrede viel geringer ist als bei den übrigen Texten der Logienquelle und daraus geschlossen, daβ diese Einheit gesondert betrachtet werden muβ, aber diese Beobachtungen lassen sich auch anders erklären, z.B. mit dem Hinweis darauf, daβ zentrale Texte eher geändert bzw. der Situation angepaβt werden als solche, die nicht in derselben Weise die Mitte des Lebens berühren. Zu Bergemanns Buch vgl. noch: Denaux, A., ‘Criteria for Identifying Q-Passages. A Critical Review of a Recent Work by T. Bergemann’, NT 37 (1995) 105–29Google Scholar; zur Frage der Bewertung von Statistik, Matilla, Sh. L., ‘A Problem Still Clouded: Yet Again – Statistics and “Q”’, NT 36 (1994) 313–29.Google Scholar

9 Mt 23.27, wird ein anderes Bild gebraucht: Auβen getünchte Gräber, die innen unrein sind. Zu den beiden verschiedenen Fassungen vgl. Haenchen, E., ‘Matthäus 23’, in: ders., Gott und Mensch (Tübingen: Mohr, 1965) 2954, 41.Google Scholar

10 Von Lk richtig als solche erkannt und darum vom Gesetzeslehrer ausgesprochen (Lk 11.45). Sie ist als Buβrede verstanden, die den Gegner nötigen soil, seine Schuld zu sehen und sich dem Herrn zuzuwenden. S.u.

11 Lk schreibt: ‘der Erkenntnis’. Daβ Lk sekundär ist, läβt sich daran erkennen, daβ er anschlieβend vom ‘eingehen’ spricht, was zu γν⋯σις nicht gut paβt. Schlatter, A., Das Evangelium Lukas. Aus seinen Quellen erklärt (2. Aufl. Stuttgart: Calwer, 1960) 307Google Scholar, hebt richtig hervor, daβ ein Grieche kaum vom ‘Eingehen in die Gnosis’ gesprochen hätte. Übersehen ist dabei, daβ diese Vorstellung künstlich entstand. Daβ mit der γν⋯σις das AT gemeint sei, vermutet Schmithals, W., Das Evangelium nach Lukas (ZBK 3/1; Zürich: Theo-logischer, 1980) 141Google Scholar, während Goulder, M., Luke: A New Paradigm (JSNTSS 20; Sheffield: Academic) 525Google Scholar, auf die Predigt des Johannes tippt.

12 Zu diesem Thema vgl. Münderlein, G., Kriterien wahrer und falscher Prophetie: Ent-stehung und Bedeutung im Alien Testament (EHS 13; Frankfurt/Bern/New York: P. Lang, 1979) 33Google Scholar. Dort weitere Literatur.

13 Vgl. dazu Jes 8.16ff.; Jer 23.23ff. u.a.

14 Vgl. dazu und den damit zusammenhängenden Fragen Sinofzik, E., Die Gerichts- und Vergeltungsaussagen bei Paulus: Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung (GTA 8; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1972) 35–6.Google Scholar

15 So die meisten. Möglich ist auch, die Wendung κα⋯ τοὺς προφήτας mit κα⋯ ήμ⋯ς zu verbinden und dann nur die Verfolgung der Propheten ausgesprochen zu sehen.

16 Richtig Davies, W. D., ‘Paul and the People of Israel’, NTS 24 (1977/1978) 439CrossRefGoogle Scholar, 8: ‘Paul is thinking not of the Jewish People as a whole but of unbelieving Jews who have violently hindered the Gospel’, trotz Schade, H.-H., Apokalyptische Christologie bei Paulus: Studien zum Zusammenhang von Christologie und Eschatologie in den Paulusbriefen (GTA 18; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1981) 128.Google Scholar

17 Vgl. Steck, O. H., Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten (WMANT 23; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1967) 7980Google Scholar: die Betonung der Schuld Israels von seiner Verfolgung der Propheten her.

18 Chorin, Sh. ben, ‘Antijüdische Elemente im NT’, EuTh 40 (1980) 203–14, 205Google Scholar: ‘angestauter Zorn’ und 206: ‘zornige Anklage’.

19 Mir scheint diese Stelle dafür zu sprechen, daβ 1 Thess 2.14–16 tatsächlich zum ältesten Bestand des Briefes gehört und nicht eine Glosse ist. S. dazu Holtz, T., Der erste Brief an die Thessalonicher (EKK 13; Solothurn/Düsseldorf: Benziger/Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1986) 96Google Scholar, sowie I. Broer, ‘Antijudaismus im Neuen Testament: Versuch einer Annäherung anhand von zwei Texten (1 Thess 2.14–16 und Mt 27.24f)’, in: Oberlinner-P, L.. Fiedler, , Hrsg., Salz der Erde – Licht der Welt: Exegetische Studien zum Matthäusevangelium (FS A. Vögtle; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1991) 321–55, 327–8Google Scholar. Dort weitere Literatur. Zur Künstlichkeit des Abschnittes 2 Thess 1.3–12 und seiner Traditionsgeschichte vgl. Trilling, W., Untersuchungen zum 2. Thessalonicherbrief (EThSt 27; Leipzig: St Benno, 1972) 6975Google Scholar, der allerdings die Aufnahme des Motivs aus 1 Thess 2.14–16 nicht bedenkt.

20 Trilling, W., Der zweite Brief an die Thessalonicher (EKK 14; Solothurn/Düsseldorf: Benziger/Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1980) 50Google Scholar, sieht in Phil 1.28 eine Parallele zu 2 Thess 1.5.

21 Vgl. dazu die vehemente Ablehung der Gegner in Phil 3.

22 Συναγωνίζομαι im Kampfe beistehen, zusammen kämpfen, übertragen auch ‘mithelfen’, vgl. Bauer-Aland Wb z.St., hier aber kaum in dieser verallgemeinernden Weise gebraucht. Eine ähnliche Wendung Kol 4.12.

23 Rich tig Käsemann, E., An die Römer (HNT 8a; Tübingen: Mohr, 1973) 389Google Scholar: ‘Sich dem Evangelium widersetzende Juden.’

24 Vgl. dazu Schnackenburg, R., Das Johannesevangelium (HThK 4/2; Freiburg/Basel/Vien: Herder, 1971) 258Google Scholar, der hier zeitgeschichtliche Verhältnisse im Hintergrund sieht, ähnlich Becker, J., Das Euangelium nach Johannes (ÖTK 4/1; 3. Aufl. Gütersloh: Mohn/Würzburg: Echter, 1991) 353Google Scholar: ‘Aufarbeitung des Judenproblems’. Reim, G., ‘Joh 8.44. Gottesbilder/ Teufelsbilder. Wie antijudaistisch ist “Die wohl antijudaistischste Äuβerung des NT”’, NTS 30 (1984) 619–26CrossRefGoogle Scholar, versucht den Text durch eine Emendation abzuschwächen.

25 Zum Problem, Hummel, R., Die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Judentum im Matthäusevangelium (BEvTh 33; München: Chr. Kaiser, 1966) 1415Google Scholar; Kümmel, W. G., ‘Die Weherufe über die Schriftgelehrten und Pharisäer (Matthäus 23,13–36)’, in: ders., Heilsgeschehen und Geschichte 2 (Marburg: Elvvert, 1978) 2938, 32Google Scholar: ‘das von dieser Gruppe geführte Judentum’.

26 Lk hat nur an zwei kleinen Stellen verändert. Im Unterschied zu Mt hat er in V. 13 den Aorist passiv ⋯γενήθησαν und nicht das Imperfekt ⋯γένοντο; ebenso bringt er über Mt hinaus das Part. καθήμενοι. Wahrscheinlich beides lk.

27 Das Motiv entnimmt Lukas Mk 3.6, bringt es so aber nicht an der Parallelstelle Lk 6.11.

28 Zu diesem Abschnitt vgl. Stegemann, W., Zwischen synagoge und Obrigkeit: Zur historischen Situation der lukanischen Christen (FRLANT 152; Göttingen: Vandenhoeck & Ru-precht, 1991) 4090.CrossRefGoogle Scholar

29 Dementsprechend fügt er 20.17 ein, daβ Jesus seine Gegner ansieht, wenn er davon spricht, daβ der verworfene Stein zum Eckstein wurde.

30 Fitzmyer, J. A., The Gospel according to Luke I-IX (AB 28; New York: Doubleday, 1981) 636Google Scholar, betont richtig, daβ im klassischen Griechisch das οὐαί nicht vorkommt und es sich erst in der römischen Periode (als Wiedergabe des vae) und in der LXX nachweisen läβt. Zum alttestamentlichen Hintergrund vgl. Sato, M., Q und die Prophetie (WUNT 2/29; Tübingen: Mohr, 1988) 183200.Google Scholar

31 Vgl. bes. Hen 92, 94–105 und dazu Horn, F. W., Glaube und Handeln in der Theologie des Lukas (GTA 26; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1983) 159–65.Google Scholar

32 Vgl. bes. Degenhardt, H.-J., Lukas – Evangelist der Armen: Besitz und Besitzuerzicht in den lukanischen Schriften (Stuttgart: Kath. Bibelwrk 1965).Google Scholar

33 Jes 58.6–7; Hi 31.17–32; Sir 4.1–10; Tob 4.7–16 wird Hilfeleistung an den Hungrigen, Nackten und Obdachlosen empfohlen, alles weisheitlich geprägte Texte.

34 Apg 5.4 wird ausdrücklich festgehalten, daβ die Christen ihre Güter behalten dürfen, in Liegenschaften und in Geld.

35 Apg 5.34–9 hält der Pharisäer Gamaliel eine die Apostel entschuldigende Rede; 23.6 bekennt sich Paulus zum Pharisäismus. In der Sicht des Lukas liegen die Pharisäer zwar mit ihrer Gesetzlichkeit falsch, ebenso die pharisäisch geprägten Christen (Apg 15.5), aber in ihrer Auferstehungshoffnung richtig und sind darum dem Christentum nahe.

36 Vgl. auch die Auseinandersetzung des Paulus im Gal, 1 Kor 1–4 und 2 Kor 10–13. C. I. Schlueter, Filling up the Measure. Polemical Hyperbole in 1 Thessalonians 2.14–16 (JSNTSS 98; Sheffield: Academic, 1994) kommt durch ihre rhetorische Analyse der polemischen Texte des Paulus in Gal 1 und 2 Kor zu ahnlichen Schluβfolgerungen.

37 Vgl. Prov 3.7; 26.12, sowie die instruktiven Ausführungen über die Grenzen der Weisheit bei Rad, G. v., Die Weisheit Israels (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1970)Google Scholar. Dort weitere Texte.

38 Jes 29.14; Jer 9.23–4.

39 Besonders in 1 Kor 1–4 aber auch in Röm 1.22.