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Hier Brecht—dort Weill: Bedeutung und Deutung eines Arbeitsbunds

Published online by Cambridge University Press:  22 February 2024

Markus Wessendorf
Affiliation:
University of Hawaii, Manoa
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Summary

Partner oder Kontrahent?

Schon bald nach Beginn der Zusammenarbeit entstanden Reibungen. Der Komponist wollte nicht hinter dem Dichter verschwinden und dieser nicht hinter jenem. Bertolt Brecht sah sich nicht als bloßer Librettist, und Kurt Weill wollte nicht ein untergeordneter Bühnenkomponist sein.

Postum brach ein regelrechter Glaubenskrieg zwischen den Brechtund Weill-Anhängern aus. David Drew, Weillianer, konstatiert “eine Pseudo-Einheit, in der nichts spezifisch Weillsches übrigblieb.” Er beruft sich auf Hanns Eisler, wonach Weill niemals wirklich begreifen würde, was Brecht wollte, ergänzend, dass Eisler hätte hinzugefügt haben sollen, “dass die Umkehrung genauso zutraf.” Drew geht so weit, zu sagen, dass innerhalb von drei Jahren sechs Werke nur entstehen konnten, “wenn nicht ein so hoher Grad von Selbsttäuschung und Unverständnis füreinander hinzugekommen wäre.”

Die Historiografen neigen je nach Couleur zu Verzeichnungen nach dieser oder jener Richtung. Einerseits werden grundlose Behauptungen unterstellt und andererseits Dokumente unterschlagen. Der vorliegende Beitrag ist quasi als eine Aktualisierung meiner Polemik Brecht und Weill im Clinch? zu verstehen.

Sich auf Kim H. Kowalke, den Präsidenten der Kurt Weill Foundation, berufend, behauptet Giselher Schubert, dass Brechts Gedichte durch Weills Vertonungen weithin bekannt geworden seien; es hätte weniger an den Gedichten gelegen und am allerwenigsten an Brechts eigenen Melodien. Im gleichen Sinn Jürgen Schebera: dass der Erfolg der Dreigroschenoper bis heute unverändert anhält, sei “wohl weit stärker noch als dem Brechtschen Text Kurt Weills Musik geschuldet.” Brechts Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann hat dem Paroli gegeben. Als Weill Brecht gefragt habe, ob er für eines seiner Stücke die Musik schreiben dürfe (absichtsvoll das unterwürfige Wort!), sei Brecht “schon sehr bekannt” gewesen; die Dreigroschenoper hätte “auch ohne Herrn Weill mit der Musik irgend eines Komponisten zu Ende geführt” werden können.

Weill war stolz darauf, von der Presse als Beispiel hingestellt zu werden, wie man Brecht komponieren müsse. Am 25. August 1927, wenige Monate nach Beginn der Zusammenarbeit, bekennt Weill seinem Verlag gegenüber: “Was mich zu Brecht hinzieht, ist zunächst das starke Ineinandergehen meiner Musik mit seiner Dichtung.” Und Brecht bestätigte seinerseits, dass Weill als erster gemacht habe, was er für die Bühne brauchte. Im Urteil Theodor W. Adornos: “Die zugespitzte Zusammenarbeit von Dichter und Musiker ist bis heute unerreicht geblieben.” Selbst der Weill-Prophet Kim H. Kowalke attestiert für die Zeit 1928 bis 1935— darin der Arbeitsbund mit Brecht!—einen “Weill-Stil” mit einzigartiger Eigenprägung.

1935 stellt Brecht den Weillschen Stilwandel heraus: bis zu dem Songspiel Mahagonny 1927 habe Weill “ziemlich komplizierte, hauptsächlich psychologisierende Musik geschrieben.”

Type
Chapter
Information
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2023

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