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Literarische Kleinformen Als Mittler Zwischen Kanon Und “The Great Unread” Am Beispiel Des Stammbuchs Der Goethezeit

Published online by Cambridge University Press:  28 October 2020

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Summary

Probleme der historisch ausgerichteten Lese- und Rezeptionsforschung

DIE ANALYSE VON Rezeptionsphänomenen literarischer Texte gehört zum Kerngeschäft der Literaturwissenschaft. Dabei geraten entweder die Texte selbst mit den ihnen inhärenten Wirkungsweisen (Rezeptionsästhetik) oder die Leser (bzw. die Zuschauer oder Zuhörer) in den Blick, indem individuelle wie gruppenbezogene Wirkungsmechanismen untersucht (Leseforschung) und/oder für die jeweiligen Gruppen ableitbare Lern- und Lehrkonzepte entwickelt werden (Literaturdidaktik). Auch die sehr heterogene Kanon- und Wertungsforschung ist vorrangig dem leserorientierten Bereich zuzuordnen, geht aber noch einen Schritt weiter, indem sie Fragen der Deutungshoheit auf dem Literaturmarkt zu beantworten sucht.

Rückt der Leser in den Fokus, stellt sich immer wieder, und in besonderem Maße bei der historischen Ausrichtung einer Untersuchung, die Frage nach der Methodik neu. Denn wird die Ebene des Textes verlassen, greifen auch “genuin” literaturwissenschaftliche Methoden nicht mehr. So bedingt die Konzentration auf den Leser auch eine stärker interdisziplinäre Ausrichtung. Große Schnittmengen bestehen hierbei vorrangig mit der Psychologie und den Sozialwissenschaften. Gerade die historisch ausgerichtete Literaturwissenschaft teilt dabei das Problem jeder historischen Disziplin: die Abhängigkeit von der Quellen- und Überlieferungslage und die damit verbundene Frage, inwieweit die Kriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität erfüllt sind. Ein zweites Problem verbindet sich mit einer historisch ausgerichteten Rezeptionsforschung: die der Medienabhängigkeit. Die Literaturwissenschaft ist ihrem Selbstverständnis nach an Texten ausgerichtet und damit an Schriftlichkeit gebunden. Das führt bereits zu Problemen im “angemessenen” Umgang mit Gattungen und Genres wie dem Drama, dem Hörspiel oder dem Singspiel, die per definitionem an eine Aufführung gebunden sind und über die Schrift hinausgehen. Bei Fragen der Rezeption nun vergrößert sich dieser gap noch: Nur für einen sehr überschaubaren Zeitraum stehen uns Ton- und Bildaufnahmen zur Verfügung, die die Wirkung und Bewertung von Literatur dokumentieren. Damit wird die Mehrheit des potentiellen Publikums von vornherein ausgeschlossen, und wir beschäftigen uns eigentlich nur mit Aussagen aus elitären Kreisen. Auch Rezensionen in Zeitschriften, die, um es an einem Beispiel zu demonstrieren, Auskunft über den (Miss-)Erfolg etwa einer Singspielaufführung bezeugen, müssen als individuelle Aussagen begriffen werden, die sich nur bedingt empirisch überprüfen lassen. Besitzen wir aber verschiedene Rezensionen zu einer Aufführung, die möglichst verschiedenen Publikationsorganen angehören und dabei auch unterschiedliche (soziale) Leserschichten adressieren, und kommen dann noch andere Quellen hinzu (etwa Aufzeichnungen eines Schauspielers/Sängers aus dem Ensemble), gewinnen wir einen differenzierteren Blick von besagtem Veranstaltungsabend.

Type
Chapter
Information
Goethe Yearbook 27 , pp. 205 - 214
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2020

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