6 - The Absentee Prophet: Public Perceptions of George’s Poetry in the Weimar Period
Published online by Cambridge University Press: 10 February 2023
Summary
When Stefan George Died in December 1933, an obituary appeared in the exile journal Das neue Tagebuch, which is remarkable for both its judicious respect and its trenchant critique. The author was the prominent liberal essayist Ludwig Marcuse, and the article began as follows:
Wenn heute alle Deutschen, die um den Dichter Stefan George trauern, an seinem frischen Grabe sich versammeln würden, so würde eine seltsam-bunte Trauergesellschaft zusammenkommen. Die erbittertsten Feinde würden hier nebeneinander stehen und sich empört fragen, mit welchem Recht eigentlich der Nachbar es wagt, sich zu diesem Toten zu bekennen. Müßte dann aber jeder Trauergast in einem hochnotpeinlichen Verhör das Motiv seiner Liebe zu dem Verstorbenen eindeutig bekennen, so würde wohl nur noch eine kleine Gruppe von Jüngern an seinem Sarge zurückbleiben. Denn er war ein Kaiser ohne Volk.
Marcuse himself should be numbered unreservedly among the admirers of Stefan George’s poetry. He had ensured that due homage was paid to George and his Circle in the compendious publication on contemporary world literature he edited in 1924; and in his obituary, too, he stresses the new impulse that George’s poetry had provided in the 1890s, with its controlled passion and solemnity. Like many others, both before and since, he writes appreciatively of George’s verses as the most enchanting since Goethe’s day. But in Marcuse’s characterization of George the writer, the main emphasis lies on his silence: on his refusal of public honors and his implicit rejection of the admiration of all but his closest disciples. He summarizes George’s accomplishment as follows:
Gewiß war es sein Verdienst, daß er dem deutschen Bürgertum im Jahrzehnt vor dem Weltkrieg jenes verpflichtende Bild der kultivierten Persönlichkeit vorhielt, das die anarchische Roheit der Besitzenden zu läutern suchte. Aber es ist verständlich, wenn auch vielleicht nicht für George, daß seine Gedichte die wirklichen Kaiser im Osten, in der Mitte und im Westen Deutschlands nicht weiter störten; daß seine gedichteten Predigten Sensationen schöngeistiger Salons oder schwärmender Jünglinge blieben: er predigte abseits von der Zeit. Er war ein großer Erzieher — für exklusive, prima Bürgerkreise, deren Söhne Geld genug hatten, sich mit einem heimlichen Kaiser begnügen zu können. Sein Reich kam nie — weil er im Grunde nie eins wollte.
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- A Poet's ReichPolitics and Culture in the George Circle, pp. 117 - 130Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2011